Medikamentenabhängig, kein auswegloses Schicksal

Hilfe zur Selbsthilfe von einer Betroffenen

Für die meisten Menschen ist es erstrebenswert, ein angenehmes, leichtes Leben zu haben, vor sich und anderen gut dazustehen und das Gefühl der Kontrolle über das eigene Leben und Befinden, sowie über die äußeren Einflüsse darauf zu bewahren.

Der von Frauen am häufigsten genannte Grund für die Einnahme von Medikamenten ist die Bewältigung von Belastungen und Anforderungen: indem Schmerzen, Angst und Depression unterdrückt werden, oder aber auch das Gefühl der Einsamkeit gedämpft wird, die beruhigende "Pille" vor der Arbeit, zum Einschlafen, um Unruhe zu beseitigen und vieles mehr. Medikamente erleichtern dabei, die "Fassade" zu wahren, auch wenn man innerlich ausgebrannt und erschöpft ist Dass Frauen eher zum Medikament greifen als zur Flasche, hat vor allem Gründe in der sozialen Stellung der Frau, denn Medikamente sind nicht so auffällig, es wird durchaus toleriert, in aller Öffentlichkeit Medikamente einzunehmen.

Eine mißbräuchliche Verwendung kann mit sehr vielen, zum Teil sogar rezeptfreien Medikamenten betrieben werden. Ein Mißbrauch liegt vor, wenn die Dosierung über die ärztliche Anweisung hinausgeht. Aber auch eine eingeschränkte, jedoch beständige Einnahme von Medikamenten ist fast immer gefährlich. Folgende Mittel werden u.a.häufig verwendet:

Warum ich das in kurzen Sätzen schreibe? Ich bin Medikamentenabhängig, abhängig von Schlafmitteln, Beruhigungsmitteln und Tranquilizern. Auch bei mir begann es mit einem Arztbesuch. Die Einnahme von Medikamenten erfolgte wegen meiner inneren Unruhe, Schlafstörungen, das Gefühl, den täglichen Anforderungen nicht gewachsen zu sein. Zuerst der Hausarzt, später der Neurologe verordnete Medikamente, die ich ohne Bedenken, ohne Nachfrage, ob es Medikamente mit Suchtpotential sind, einnahm. Ich hatte die gängige Auffassung, wie viele Patienten, dass Ärzte nichts verschreiben werden, was dem Patienten schadet.

Nach Jahren der Einnahme von verschiedenen Medikamenten war ich unfähig zum Aufhören. Die Einnahme erfolgte mit sehr großer und immer größeren Dosen, denn die Medikamente zeigten kaum noch Wirkung. Es kam Panik bei mir auf, wenn ein Medikament ausging, darum legte ich mir in der Wohnung einen Vorrat an, versteckt, damit keiner diese gehorteten Medikamente vernichten konnte. Oft reichte aber auch dann ein Anruf bei dem behandelnden Arzt und das Rezept kam mit der Post.
Mit der Zeit blieb es nicht nur bei einem Zusammenbruch. Ich wirkte auf andere Personen apathisch, einen Gesprächskontakt konnte ich nur mühsam aufrecht erhalten. Irgendwann wurde ich dann von fremden Personen darauf hingewiesen, dass eine Abhängigkeit bestand. Ich mußte mir eingestehen, dass ich meinen Medikamentengebrauch in einen Zusammenhang mit meiner körperlich und seelisch desolaten Verfassung zu bringen hatte.

Nachdem die Kostenzusage des Leistungsträgers gesichert war, erfolgte ein stationärer, langsamer Tablettenentzug in einem Krankenhaus. Die Entgiftung sollte grundsätzlich unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, damit mögliche organische Erkrankungen sofort behandelt werden können. Es folgte danach eine Langzeittherapie ( 6 Monate) in einer Suchtklinik.

Für die meisten Menschen kommt es einer schweren persönlichen Niederlage gleich, wenn sie in eine Fachklinik gehen "müssen".Wenn der oder die Betroffene jedoch die Zeit des Haderns mit sich und seinem Schicksal hinter sich hat, so sieht er/sie vielleicht auch die andere Seite der Krankheit: das Signal, dass sich etwas ändern soll. Wer das Signal richtig deutet und entsprechend handelt, wird erleben, dass seine Abhängigkeit eine Chance ist: eine Chance, seinem Leben eine andere Richtung zu geben.

Auch ich habe meine Chance genutzt, und meinem Leben eine andere Richtung gegeben. Heute lebe ich ohne Schlafmittel, Beruhigungsmittel oder Tranquilizer. Trinke keinen Alkohol, denn das Umsteigen auf andere Suchtmittel erfolgt sehr schnell. Gehe im Bekannten- und Freundeskreis, sowie bei Ärzten offen mit meiner Medikamentenabhängigkeit um. Ich möchte mich über email gerne mit Betroffenen, oder Angehörigen von Suchtkranken, oder einfach nur mit Personen, die sich Informationen zur Abhängigkeit einholen wollen, in Verbindung setzen.

Hier finden Sie eine kurze Checkliste über die Wirkung von Medikamenten, die für den Gebrauch oder Mißbrauch dieser Substanz ausschlaggebend sein können.

Die Medikamentenwirkung..
  • entspannt mich
  • hilft gegen Angst
  • betäubt meine Selbstvorwürfe
  • hilft bei sexuellen Schwierigkeiten
  • hilft bei Schlaflosigkeit
  • beruhigt
  • macht leistungsfähiger
  • macht sorglos
  • hilft dabei "abzuschalten"
  • macht ansonsten Unerträgliches leichter ( z.B. Alltagstrott, Eheschwierigkeiten)
  • hilft gegen Schmerzen
  • erleichtert Probleme
  • hilft, die Welt in Ordnung zu finden

"Bitte, lass die Pillen nie alle werden!" Artikel in "tina"

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