Sartre, Jean-Paul: Freud. Das Drehbuch. Rowohlt
Verlag, Reinbek 1995, 630 Seiten, 19,90 DM/10,17 Euro
Das französische Original wurde bereits 1984 bei Gallimard veröffentlicht.
Sartre hatte diese Auftragsarbeit 1958 von dem amerikanischen Regisseur John
Huston übernommen und sich ihrer in wenigen Monaten entledigt. Es handelte sich
um eine "Brotarbeit", denn Sartre war mal wieder ohne finanzielle
Mittel, die er ja bereitwilligst ausgab, wenn nicht verschwendete.
Es sollte ein Drehbuch geschrieben werden, in dem die Entdeckung der Freudschen
Psychoanalyse als heroische Leistung dargestellt werden, wobei Freud als
Abenteurer erscheinen sollte, wie etwa andere Entdecker auf dem Feld der
Seefahrt.
Sartre muß viel Spaß an der Arbeit gehabt haben, wenngleich er später seinen
Namen aus dem Vorspann gestrichen haben wollte. Denn Huston war mit dem Ergebnis
nicht zufrieden, vorrangig wegen seiner Länge. Das Drehbuch hätte gut für
einen siebenstündigen Film ausgereicht. Sartre machte sich die Mühe. Da er
aber äußerst ungern Texte abschrieb, auch nicht die eigenen, wurde daraus im
Grunde ein neues Drehbuch, in dem die vorgenommenen Kürzungen durch
ausführlichere neue Passagen ersetzt wurden. Die Folge war schließlich, dass
das Drehbuch dem amerikanischen Publikum angepaßt wurde, sowohl in der Kürze
als auch in der Darstellung. Trotzdem kam dann nur ein Flop heraus.
Die Herausgeber haben sich entschlossen, das Original, also die erste
Fassung zu veröffentlich und um einige Passagen aus dem veränderten Manuskript
anzufügen.
Die Deutung, die hier Sartre vorschlägt, ist nicht ungewöhnlich, stellt
hauptsächlich auf die Vaterthematik ab, die uns gut vertraut ist. Interessant
und auch amüsant sind etwa die Darstellungen von Breuer und Fließ. Besonders
letzterer erscheint uns als Magier und Phantast. Recht gut sind für meinen
Eindruck die Qualen, der Zweifel dargestellt, die Freud umgetrieben haben
müssen, ebenso seine rücksichtslose Liebe zur Wahrheit, wenn er denn seine
eigenen Widerstände durchgestanden hat.
Huston wollte eine Art Kriminalgeschichte und die hat ihm Sartre durchaus
geliefert. Wer jedenfalls die Anfänge der Psychoanalyse als spannende
Geschichte lesen möchte, der hat hier eine wunderbare Lektüre vor sich.
B. Kuck, Januar 2002
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