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McCourt, Frank: Die Asche meiner Mutter. Irische Erinnerungen, München 1998

In flüssigem Erzählstil erleben wir eine irische Kindheit. Die packende Erzählung führt und durch das ganze Elend der irischen Unterprivilegierten. Der ganze Dunst und Gestank der untersten Klasse einer Klassengesellschaft der 20-iger Jahre. Vorgeführt werden dummdreiste Priester und Schulmeister und das Umfeld der prüden katholisch versifften Geister. Dies ist alles als oral history äußerst interessant und lehrreich. Verwunderlicher aber ist eigentlich, daß McCourt in diesem Milieu nicht zugrunde gegangen ist. Viele sind geradezu krepiert, er nicht. Der Autor schildert die Überlebensmittel zwischen den Zeilen. Einige Aspekte möchte ich hervorheben: Da ist die Idee oder, mit Alfred Adler gesprochen, das Ziel. Frankie will nach Amerika auswandern, wo er die ersten vier Jahres seines Lebens verbracht hat. Zwar lebten sie in New York schon in relativem Elend - der Vater vertrank das Einkommen -, aber er machte dort bereits einige gute Erfahrungen mit der wahren Mitmenschlichkeit. Solche Mosaike ziehen sich durch sein Leben, und es scheinen besonders diese zu sein, die ihn aufrecht erhalten, ihn auch vor der Kriminalität bewahren.
Frankie versteht es aber ebenfalls, sein Ziel wirklich festzuhalten. Er hat zwar ein mitfühlendes Herz, trägt schon bald zur Ernährung der Mutter und der Geschwister bei, verweigert jedoch die von der Verwandtschaft favorisierte Aussicht auf eine Beamtenstelle am Postschalter - mit Pensionsberechtigung. Er hat Mut genug, sich gegen die vermeintlich Wohlmeinenden zu stellen und deren Mißachtung in den Kauf zu nehmen, deren mißgünstigen Kommentaren, er halte sich wohl für etwas besseres, standzuhalten.
Wichtig ist ebenfalls die Auseinandersetzung mit der Religion und der Kirche, vor allem die Befreiung aus ihrem Joch. Wichtig auch die Bekanntschaft mit ein paar guten Büchern und mit der Poesie. Wirklich rührend ist es, wenn ein des Lesens und Schreibens unkundiges Mitglied des Reinigungspersonals eines Krankenhauses Frankie ein Gedicht mitbringt. Und weil er nicht schreiben kann, bringt er es eben im Kopf mit.
Ein wunderbares Buch, eine Lebensbeschreibung, welche die Adlerschen Gedanken bestätigt und zugleich die schönen Gedanken Sartres, wonach wir zwar in die Welt geworfen, diesen Wurf aber mit einem Entwurf beantworten.

Dipl.-Psych. B.Kuck

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McCourt
Die Asche meiner Mutter.

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