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Helgesen, Sally: Frauen führen anders. Vorteile eines neuen Führungsstils. Campus Verlag, Frankfurt/ New York 1991, 22 Seiten.

In dem vorliegenden Buch wird Frauen, die Führungspositionen anstreben, nicht zum x-ten Male empfohlen, sich die strategischen Konzepte der Männer anzueignen. Sondern hier führen weibliche Führungskräfte mit dem ihnen besonderen Führungsstil, der sich als Bestandteil des modernen Managements zunehmend durchsetzt. Sally Helgesen verdeutlicht in diesem Werk, daß die Aufgaben der Zukunft zu ihrer Lösung diesen neuen Führungsstil dringend erfordern.

Angeregt von einer Studie zu Beginn der siebziger Jahre, in welcher der Arbeitsalltag von fünf Managern untersucht wurde, begleitet die Autorin zwanzig Jahre später vier weibliche Führungskräfte durch deren Arbeitsalltag. Es handelt sich dabei um zwei Unternehmerinnen, um eine Leiterin des Zentrums für Weiterbildung von Führungskräften bei der Ford Motor Company und der Vorstandvorsitzenden der Girl Scouts der USA.

Neben den Tagebucheintragungen gibt Sally Helgesen eine ausführliche Persönlchkeitsbeschreibung der Frauen. Das ist wichtig, denn ihre These lautet, daß Führung am wenigsten Methode ist, sondern einer Selbsterkenntnis und Menschenkenntnis und Einsicht in eigene Qualitäten und Mängel bedarf. Jede der Frauen betont den ihr eigenen integrativen Führungsstil, wobei allgemeingültige Aspekte dieser Art zu führen und den Manageralltag zu bewältigen verdeutlicht werden (Umgang mit Planung, mit Telfonaten und Korrespondenz, mit Zeit, mit unvorhergesehenen Ereignissen, Informationen, mit Mitarbeitern, mit Anordnungen und mit Privat- und Berufslebenu.a.).

Während die "Männer-Manager-Terminkalenderstudie" (1973) verdeutlichte, daß sich die Männer ausschließlich mit ihrem Beruf identifizierten und in einem Vakuum ohne Bezug zur sonstigen Alltagswelt und zum Privatleben existierten, gab es bei den vier Frauen keine Trennung zwischen privater und beruflicher Identität. Sie verstanden sich als dieselben Personen in verschiedenen Rollen.

Als "weibliche Haltung" in Führungspositionen, die sie am Beispiel der vier Frauen verdeutlicht, nennt die Autorin: einen kooperativ orientierten Führungsstil; weitsichtige Verhandlungsstrategie, womit Sinn für Verantwortung, für menschliche Beziehungen, Firmeninteressen, aber auch ökologische Interessen gemeint sind. Ferner sind das Schaffen von Atmosphäre, Zuhören können und Integration Werte, die u.a. von heutigen und zukünftigen Führungskräften verlangt werden. Denn das Wesen der Informations-Wirtschaft und der Teamarbeit erfordert Mit-Denken, Mit-Gestalten, Äußern von Meinungen (contra Gehorsam), Initiative und Kreativität - Fähigkeiten, die im Industriezeitalter nicht gefragt waren.

Aufgrund ihrer weiblichen Sozialisation verfügen der Autorin zufolge Frauen leichter über diese wertvollen Führungsqualitäten als Männer. Nun geht es aber nicht darum, die männlichen Führungskräfte beiseite zu schaffen, sondern um ein Zusammenspiel von Erfordernissen der Effizienz, den Bedürfnissen der menschlichen Beziehungen und der ökologischen Berücksichtigung. Dabei steht nicht die Methode im Mittelpunkt von Führungsqualität, sondern die Entwicklung der Persönlichkeit und die individuelle Herangehensweise. Macht- und Statusattribute werden überflüssig, denn die Autorität ist in dieser Studie Ausdruck von Persönlichkeit und bedeutet nicht Betonung hierarchischer Ränge, die starre Kommunikationswege und geistige Lähmung zur Folge haben.

Wenn auch die Autorin recht unbeschwert von "weiblicher" und "männlicher" Psyche schreibt, so handelt es sich insgesamt um ein erfreuliches Buch, in welchem kein männerfeindlicher "Emanzenton" herrscht. Den Frauen wird nicht geraten, sich, im Gerangel von Führung und Macht, ausschließlich kräftige Ellenbogen zuzulegen und sich damit ins clevere und harte Managergeschäft zu wagen, und von den Männern wird keine "plumpe Anbiederung" verlangt. Sondern: "Der Einzug weiblicher Werte in das öffentliche Leben gibt Anlaß zu der Hoffnung, daß diese Situation ( die Unfähigkeit unserer Kultur, die Technik im Dienste der Menschen einzusetzen, d.V.) verändert werden kann - daß die Sorge und Förderung anderer den Konkurrnzkampf mildern, in dem es nur darum geht, das höchste Gebäude zu errichten oder einen völlig abstrakten Rüstungswettlauf zu "gewinnen"." (S. 220)

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